Vortragsbericht von Tobias Heinzelmann
Dr. Julia Lis, Mitarbeiterin im Institut für Theologie und Politik und Mitglied des Netzwerks Kirchenasyl Münster, hielt am 4. Mai 2017 in der Evangelischen Kirchengemeinde Christuskirche in Hiltrup einen Info-Vortrag über das Kirchenasyl.
Grundsätzliche Annäherung
Kirchenasyl ist ein (zeitlich befristeter) Schutz von Geflüchteten ohne legalen Aufenthaltsstatus, denen bei einer Abschiebung nicht hinnehmbare soziale, inhumane Härten drohen. Das Kirchenasyl beruft sich auf die biblische Tradition der Sorge um Fremde (Lev. 19,34; Dtn. 24,17a; Mt. 25,35b). In Deutschland entwickelte sich seit 1983 eine Art Institution, die schon mehrere Tausend Menschen vor Abschiebung gerettet hatte. 1994 vernetzten sich Kirchenasylinitiativen zur Ökumenischen BAG Kirchenasyl.
Praktische Fragen für Gemeinden
Das Hauptaugenmerk des Vortrags lag auf den praktischen Fragen: Wer trägt die Kosten? Wer kümmert sich? Was brauchen wir für das Kirchenasyl? Wie gehen wir um mit Anfragen von außen? Wie kommt es überhaupt zu einem Kirchenasyl etc.?
Diese Fragen sind mit finanziellen Risiken und juristischen Problemen verbunden, die zunächst für jede Gemeinde im Einzelnen zu klären sind. Ebenso muss innerhalb des Presbyteriums oder Pfarreirats überprüft und abgewogen werden, inwieweit ein Kirchenasyl sinnvoll erscheint. Beratend und unterstützend stehen hier die Flüchtlingsberatung und das Netzwerk Kirchenasyl zur Seite. Weil das Asylrecht unterschiedlich ausgelegt wird, ist in der Regel ein Kirchenasyl dann sinnvoll, wenn alle rechtlichen Mitteln ausgeschöpft sind.
Rolle und Aufgaben
Des Weiteren ging es um die Frage, was für die Durchführung eines Kirchenasyls notwendig ist. Zunächst ist es wichtig, dass die asylgewährende Gemeinde Räumlichkeiten als Schutzräume zur Verfügung stellt, die sich im Besitz derselben befinden. Auch sollte ein UnterstützerInnenkreis mobilisiert werden, der sich um die Finanzierung, Begleitung kümmert und den betroffenen Geflüchteten im Alltag zur Seite steht, z.B. Lebenshaltung, Krankheitsfall, Freizeitgestaltung. Aufgrund der schwierigen psychischen Situation während eines Kirchenasyls braucht es eine sensible und einfühlsame Begleitung.
Prophetische Praxis und politische Dimension
Das Kirchenasyl steht in der Tradition der prophetisch-kritischen Widerstandsbewegung. Befreiungstheologisch gesprochen heißt dies, dass die „Option für die Armen“ konkret gelebt werden soll, indem „der Rand zur Mitte“ gemacht wird und eine klare Positionierung auf der Seite der Geflüchteten erfolgt. Denn besonders am konkretem Fall wird die Problematik der Flüchtlingspolitik insgesamt deutlich.
In der an den Vortrag anschließenden Diskussionsrunde ging es genau um solche Themen, z.B. wie man sich als einzelne Gemeinde für Geflüchtete engagieren kann oder wer über die Gewährung eines Kirchenasyls zu entscheiden hat. Auch die Frage nach einem Moschee- oder Synagogen-Asyl wurde thematisiert.