Offener Brief – Menschenrechtsverletzungen in der Notunterkunft Oxford-Kaserne Münster?

An: Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes NRW, Bezirksregierung Münster, Stadt Münster, Johanniter-Unfall-Hilfe e.V., PMC Sicherheitsdienste & Eventservice e.K.

Münster, den 02.12.2019

Sehr geehrte Damen und Herren,

MitarbeiterInnen, die 2016 in der ehemaligen Notunterkunft für Geflüchtete in Münster, der Oxford-Kaserne, tätig waren, berichteten von folgenden Vorfällen: Dort sollen Geflüchtete, die gegen die Hausordnung verstießen, unbequem waren oder Forderungen stellten in einem eigenen„Störzimmer“ isoliert worden sein, ein Mitarbeiter des Wachdienstes wurde vor der Tür positioniert. Über den Blog „Die Wiedertäufer“ sind diese Vorwürfe am 27.11.2019 nun an die Öffentlichkeit gelangt. Sollten sich diese Vorwürfe bewahrheiten, würde es sich hier um Menschenrechts­verletzungen, die möglicherweise den Straftatbestand der Freiheitsberaubung erfüllen, handeln.

Deshalb haben wir heute eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Münster gestellt, damit diese die Vorfälle von 2016 untersucht.

Gleichzeitig fordern wir von allen zuständigen Behörden eine lückenlose Aufklärung der Vorfälle. Folgende Punkte sind aus unserer Sicht dringend zu klären: Gab es ein sog. Störer- oder Isolations­zimmer? Wie wurde mit Verstößen gegen die Hausordnung umgegangen? Welche Rolle spielte dabei der Sicherheitsdienst? Gibt es damalige BewohnerInnen der Unterkunft, die diese Vorfälle dementieren?

Welches sozialpädagogische Konzept des Umgangs mit Störungen und der Deeskalation lag der Einrichtung zugrunde? Wie häufig waren Beamte der Stadt Münster in der Notunterkunft in der Oxford-Kaserne im Jahr 2016 anwesend und geschah dies auch unangekündigt? Gab es mit den Johannitern als den Betreibern der Unterkunft Absprachen über die Einrichtung eines separaten Zimmers für sog. Störer sowie dessen Nutzung? Wie häufig haben die Johanniter außergewöhnliche Ereignisse, die im Verhaltender Geflüchteten begründet waren, an die Stadt gemeldet?

Diese Fragen gilt es notwendigerweise zu klären, um diejenigen in Verantwortung zunehmen, die ggf. in diese Vorfälle involviert waren, bzw. diese geduldet haben, aber auch um herauszufinden, welche Ursachen dazu geführt haben.

Diese hier öffentlich gewordenen Vorwürfe erinnern an das sog. Problemzimmer in der Flüchtlings­unterkunft Burbach. Dort war es zu noch viel massiveren Vorfällen von Misshandlungen und Ge­walt gekommen,als dies bislang aus Münster bekannt wurde. Wir sehen hierfür strukturelle Ursachen, die in der Unterbringung in Sammelunterkünften liegen: Wo oftmals traumatisierte Menschen aus unterschiedlichen Kontexten auf engstem Raum zusammenleben, kommt es notwen­digerweise zu Spannungen. Hierauf kann nur mit dezentraler Unterbringung reagiert werden, in denen Menschen über ihre Privatsphäre selbstständig verfügen können.

Wir fordern alle Beteiligten und Verantwortlichen auf, zur Aufklärung beizutragen und die Er­gebnisse öffentlich zu machen. Denn nur so kann eine menschenwürdige Willkommenskultur eingelöst werden.

Dr.Julia Lis (Netzwerk Kirchenasyl Münster), Felix Röskenbleck (Netzwerk Kirchenasyl Münster), Benedikt Kern (Ökumenisches Netzwerk Asyl in der Kirche in NRW), Dr. Michael Ramminger (Mitglied des Runden Tisches für humanitäres Bleiberecht, Münster), Franz-Thomas Sonka (Mitglied des Runden Tisches für humanitäres Bleiberecht, Münster)

Wer Ärger machte, kam ins Störerzimmer: Schwere Vorwürfe gegen Betreuer von Notunterkunft für Geflüchtete

Artikel von Nils Dietrich, 27.11.2019 https://wiedertaeufer.ms/wer-aerger-machte-kam-ins-stoererzimmer/